Im neuen «Öufi»-Boot stecken 2200 Arbeitsstunden
von Wolfgang Wagmann — AZ
Es ist ein Freudentag für Brigitte und Iwan Pfyl: Die Besitzer und Betreiber der Solothurner «Öufi»-Flotte dürfen endlich ihr neues Flaggschiff taufen – die MS Wysse-stei. Zuvor wird ihr alter Name «Le Viking» nach altem Seemannsbrauch symbolisch losgelassen und treibt auf einem Stück Rinde aareabwärts.
Und nachdem Neptun mit dem Dreizack aus der Bugluke seine nautischen Regeln verkündet hat, kann Taufgotte Therese Pfyl sichtlich bewegt den eigentlichen Taufakt unter Hochrufen der zahlreichen Gäste vollziehen: Die Flasche Schämpis wird nicht an der Reling zerbersten, sondern der Schaum über den Bug gespritzt. «Das ist ebenfalls gebräuchlich», weiss Brigitte Pfyl.
Ein halbes Jahr Arbeit
Anfang Jahr hatten Pfyls die Aareflotte von Fredy Fankhauser übernommen, «und bald war für uns klar, dass wir ein Schiff mit 30 bis 40 Plätzen und vor allem einem WC brauchten. Denn dafür war die Nachfrage gross», so Brigitte Pfyl.
Weitere Bedingung war, dass das neue Boot unter der Wengibrücke durch die Altstadt bis zur nur im Sommer freien Destination Attisholz fahren könnte. «Denn Stadtbesichtigungen zu Wasser sind sehr gefragt», meint Iwan Pfyl, der mit seiner Frau das «Öufi-Angebot sukzessive weiter entwickeln möchte.
Fondue-Fahrten im Winter, Hochzeiten, Klassenzusammenkünfte und Familienanlässe umfasst das bisherige Angebot. Doch ein neuer Trend kommt auf: «Urnenbestattungen auf dem Wasser mit wasserlöslichen Urnen», weiss Pfyl.
Nun, gefunden wurde das neue Schiff per Internet durch Mitarbeiterin Christine Brotschi. «Le Viking», 1994 durch die Neuenburger Firma Schweizer Saphir gebaut, hatte für eine Unternehmerin in Yvonand Gesellschaftsfahrten durchgeführt, ehe sie das Boot altershalber veräusserte.
«Es war in einem desolaten Zustand», erinnert sich Iwan Pfyl an die strapazenreiche Arbeit, die im April in Yvonand bei Regen und Schnee begonnen hatte und sich für das Helferteam zuletzt auf 2200 Arbeitstunden summiert hatte.
Der Motor habe kaum Kummer gemacht, bestätigt Brigitte Pfyl, doch sei sonst so manches Unerwartete aufgetaucht, mit dem das Ehepaar nicht gerechnet hatte. Iwan Pfyl: «Die Sitzbänke haben wir zu Hause in unserer Garage angefertigt. Und auch das Dach musste völlig neu konstruiert werden.»
Nach den Aussenarbeiten am Rumpf und an den Aufbauten wurde die künftige MS Wyssestei im Juni dann auf dem Wasserweg nach Solothurn verlegt, um den Innenausbau voranzutreiben. «Wir hatten hier einen sehr schönen Arbeitsplatz, das braucht es.» In dieser Zeit schmiss Brigitte Pfyl den zuletzt zufriedenstellenden Sommerbetrieb mit den beiden bisherigen Booten, derweil sich Gatte Iwan nicht nur auf die Instandsetzungsarbeiten konzentrieren konnte, sondern auch noch die Fahrgast-Käpitänsprüfung für Fahrten bis zu 60 Passagieren absolvieren musste. «Und ich habe den Leichtmatrosen gemacht», strahlt Brigitte Pfyl.
Den Tourismusdirektor freuts
Nicht nur der Vorstand des Vereins Schiffaare hatte sich im Bootshafen eingefunden, um dem nicht alltäglichen Akt einer Schiffstaufe beizuwohnen. Begeistert zeigte sich auch Jürgen Hofer, Direktor von Region Solothurn Tourismus, über das neue «Öufi»-Flaggschiff: «Es hat genau die Grösse, die gefragt ist und ist für Stadtbesichtigungen vom Wasser aus einsetzbar. Für uns ist das Angebot sehr wichtig, denn eine Bootsfahrt kann man mit vielen anderen Möglichkeiten verknüpfen.» Ausserdem streicht Hofer noch einen weiteren Punkt hervor: «Es freut mich, dass Private solche Projekte angehen und weiterführen.»
Zum Zeitungsbericht:
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/stadt-solothurn/da-stecken-2200-arbeitsstunden-drin-130678331